Montag, 11. September 2006

Ohne Titel

Es ist alles so wie bisher, aber gleichzeitig auch wieder nicht. Ich hänge in der Luft ganz ohne Halt. Ich habe Angst zu fallen, was in dieser Situation normal ist. Letzte Nacht hat mich jemand losgelassen. Ohne Vorwarnung und ohne ein Wort was diesen Halt ersetzen könnte. (…) Ich rauche wieder und ich fühle mich schlecht dabei, aber das ist schon länger wieder so. Denn es zeigt mir nur noch stärker einen meiner größten Fehler und ich hasse mich dabei und deswegen. Ich bin verliebt und ich war es gleichzeitig. (…) Ich habe gewusst, dass du umgezogen bist und ich hatte Angst bei dem Gedanken. Denn es vergeht kein Tag an dem ich nicht zu den mir bekannten Fenstern heraufschaue, wenn auch vielleicht nur mit meinen Gedanken, wenn ich daran vorbeifahre, weil ich diesen Anblick nicht ertrage, auch wenn ich mir das nicht bewusst mache. Vielleicht wollte ich, dass du keine Macht mehr über mich hast. Was eh unmöglich ist, denn allein durch die Gedanken, deren Existenz auf dir beruhen, zeigt es sich, dass es immer noch so ist. Aber das bestätigt mich nur in meiner Prophezeiung und es gibt mir gleichzeitig ein gutes Gefühl, da sich zeigt, dass ich Recht behalte. Aber im Grunde habe ich nichts davon. Es ist eine Mitte, wenn ich von Gefühlen spreche, aber man kann es auch nicht von Neutralität nennen. Das geht einfach nicht, denn es bedeutet mir was, sonst hätte ich mein Herz nicht in meinem Bauch gespürt als ich in dein Gesicht blickte. (…) Ich bin heute Nacht fast zwei Stunden durch die Stadt geirrt. Einfach losgegangen bin ich, ohne Plan. Ich wollte einfach nur laufen. Ich wollte was tun: nachdenken, aber mich nicht verlieren dabei, denn das ist mein Talent. Nicht einmal Tränen erreichten mein Gemüt und das ist gut so. Aber es ist dennoch Fakt, dass mich momentan diese Schwebe besitzt und das ist ein Gefühl, mit dem ich noch nie umgehen konnte. Denn ich weiß nicht in welche Schublade es gehört und wie ich es drehen und wenden muss, um daraus schlau zu werden. Denn ich sehe keinen Sinn in diesem Gefühl, denn bisher treibt es nur zu Handlungen an, deren Intension in diesem einzigen Moment des Nachdenkens liegt und keinen wirklichen Bestand hat. Manchmal durch Zufall vielleicht schon, aber dann ist vielleicht wirklich eine Wahrheit dahinter. Ich bin kein Richter, um über diese Wahrheit zu urteilen. Ich kann nur von meinen Erfahrungen sprechen, die ich bisher gemacht habe. Irgendwann gegen vier Uhr morgens war ich in der Alexander-Puschkin-Straße und stand vor einer Tür und ich wusste nicht genau warum. Meine Füße trugen mich dort hin. Ohne Plan stand ich da und ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, wäre die Tür aufgegangen. Aber ich habe mir bewusst keine Gedanken darüber gemacht, denn dort war der Ort, an dem ich mich immer fallen lassen konnte und jegliche Klärung stumm ablief. Ich glaube, nur ein Blick hätte genügt, dann wäre alles gesagt gewesen. Trotz des langen Schweigens zwischen diesem Ort und mir, war mir klar, es ist nicht wichtig. Die Verbundenheit ist und bleibt da. Ich weiß nicht, warum ich diesen Weg gewählt habe. Es ist dieses Gefühl und dieses Vertrauen. Denn ich wusste, dass ich nicht verstoßen würde. Egal welche Schandtaten ich vorher hätte begehen können. Es ist ein kleines Hingehörigkeitsgefühl, was immer bestand auch wenn ich keinen Kontakt mehr pflegte. Ich habe mich immer wohl und geborgen gefühlt an diesem Ort. Ich kann nicht sagen, was ich an diesem Ort bin und was dieser Ort mit mir vor deren Tür ist. Beziehungsweise, ob es diesen Punkt von Nichts, welchen Stephen Hawking in einem Buch besonders gut beschreibt, bei uns jemals gegeben hat. (…) Aber ich bin wieder gegangen. Eine Freundschaft, die mich an uns erinnert. Nicht wegen der Freundschaft, sondern dieses Gefühl der Verbundenheit, bei dem immer eine Erinnerung an dich mitschwimmt.
„Sleepy storm, where is your beating heart today.“ Plötzlich war es wieder in meinem Kopf – aus heiterem Himmel – entwich es meinen Lippen. Genau dieser Satz.
Die Nächte sind momentan wieder lang und schlaflos. Wie es einst schon mal war. Ich habe das Glück zwar schon mal gesehen, aber ich weiß nicht mehr es aussieht, denn es verbarg sich mir die letzten Monate. Ich finde es nicht schlimm. Sogar gut, denn das hilft mir auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Aber es ist immer noch kein Land in Sicht, um motiviert einer Sache gegenüber zu stehen und um darum zu kämpfen. Ich weiß nicht, ob es bisher nur noch nicht so weit war oder ob es (was ich am meisten glaube) solche Dinge gar nicht gibt… für die es sich wirklich (!) lohnt. Aber dennoch muss ich zugeben, dass es schon ein paar Dinge gibt, die den Anschein einer Priorität haben. Was sie letztendlich mit sich tragen, wird eh nur die Zeit bringen. Man muss es abwägen und ein wenig risikobereit sein, wie überall im Leben. Man muss sehen, ob man mit den Konsequenzen eines Fehlschlags zurechtkommen würde. Ich finde es durchaus wichtig, Ziele im Leben zu haben, welcher Natur auch immer, und auch durch diese gewisse Risiken einzugehen. Denn es ist viel schlimmer mit dem Gedanken leben zu müssen, der aus „Was wäre wenn?“ besteht.
Du hast ein besonderes Talent: Du platzt immer genau in den Momenten in mein Leben, in denen es unpassender nicht sein kann, aber auch genau dann, wo ich so eine Zuflucht wie dich gebrauchen könnte. Aber es geht nicht. Du sollst nicht der Lückenbüßer für mein gekränktes Verliebtsein sein. Obwohl ich mittlerweile eher denke, es ist das Ego, was etwas hüstelt und röchelt. Denn die Ausgangsvoraus-setzungen waren schlechter als man glaubt. Ich habe mich noch von so einigen Menschen noch nicht richtig verabschieden können, um mich sorgenfrei in eine richtige Liebe fallen lassen zu können. Einer von den Menschen bist du. Ja, du hast immer noch einen gewissen Status bei mir, obwohl er sich mit der Zeit geändert hat. Bitte, frage nicht nach der Art des Status’. Ich kann ihn dir leider auch nicht benennen. Du bist nach wie vor präsent und das jeden Tag. Glaube es mir oder glaube es nicht. Es gibt keinen Grund für mich zu lügen. Und es ist was, was ich mein ganzes Leben tun werde, egal, ob es dich noch gibt oder nicht. Das spielt keine Rolle. Denn wie du bereits sagtest, teilen wir eine Geschichte und die lässt sich nie mehr aus unseren Köpfen löschen, geschweige denn aus unseren Herzen brennen. Denn es hat sich verkrochen in die tiefste Ecke und hat sich selbst eingesperrt und den Schlüssel hinuntergeschluckt. Es wird nie mehr rauskommen. Und es wird bis zum Tode Schlüsselmomente geben, die uns aneinander erinnern. Für mich ist es oft der Himmel, wenn er ganz blau ist und ein paar kleine Schäfchenwolken trägt. Dann schaue ich hinauf und denke an dich. Ich denke damit an den Tag der endlosen Himmel und dieser Tag gehört dir. Diese Assoziation wäre gut in dem Foto „Heartbeats“ umgesetzt. Letzte Woche verlor ich mich fast in so einem Himmel. Ich fand ihn so endlos schön, da er meine Lieblingsfarbe trug, dass ich kurz die Augen schloss und sie mit Tränen wieder öffnete…

Ja, es bedeutet mir immer noch etwas, dass du mir schreibst und an mich denkst. Aber wie schon gesagt, ist es anders. Denn es ist auch nicht mehr so überraschend. Ich habe fest damit gerechnet, dass das passiert. Soweit ist es dann doch schon. Ich habe ganz genau bemerkt, dass du mich ebenso erkannt hast wie ich dich und ich konnte förmlich riechen, welche Gedanken dein Hirn durchschossen. Ist es nicht traurig, dass ich etwas Angst bekam als ich dich sah? Versteh mich bitte nicht falsch. Ich mache dir hiermit keine Vorwürfe. Ich finde es nur sehr schade, wie alles verlaufen ist. Und ich weiß nicht, ob unser Verhältnis wieder zu flicken ist, geschweige denn komplett neu zu weben ist. Ich weiß auch noch nicht, ob ich das überhaupt will. Denn wie lange geht dieser Briefwechsel? Bereits fast 16 Monate… Sicherlich, du wirst denken: Irgendwas wird dahinterstecken. Aber das ist nicht der Punkt. Ich will nicht weitermachen wie bisher, was ich stark befürchte, dass es so läuft. Aber ich weiß auch nicht was zu tun ist, um es grundlegend zu ändern. Ich weiß es einfach nicht und das ist eine Sache, die mich total wütend macht. Denn ich will nicht, dass unsere Beziehung aus zwei Treffen, zwei Zufällen und einem Buch mit tausend Briefen bestehen bleibt. Denn dafür haben wir bereits zuviel geteilt. Zuviel, dass es eigentlich heißen müsste, es gibt keinen Weg zurück. Wir sind soweit gegangen, sodass wir eigentlich auch noch den Rest gehen müssten. Aber das weißt du alles selbst. Ich will dir damit nur zeigen, dass es mir ebenso bewusst ist.
Ich habe heute Morgen seit langem mal wieder so etwas wie ein Müdigkeitsgefühl gespürt. Es gibt sie doch noch: die kleinen Dinge, auf die ich aufmerksam gemacht werde. Ich fühl mich so sinnlos momentan…
Ja, ich habe ewig nicht mehr geschrieben, aber ich habe auch keinen Grund dafür. Es gibt nun mal nicht viele Menschen, die mich inspirieren, auch wenn sie mir eigentlich Stoff darbieten mit dem Schmerz, dem sie mich aussetzen. Scheinbar muss der Mensch selber eine gewisse Poesie haben, um gleiche bei mir auszulösen. Bis jetzt fallen mir nur drei Personen ein, die das wirklich merklich konnten. Und ich brauche nicht hinzuzufügen, dass du eine von denen bist. Du hast mir somit immer gezeigt, wie die Welt aus anderer Perspektive aussehen kann. Hast mich dazu gebracht, es immer wieder auf diese Weise zu tun und auch wenn es oft sehr exzessiv und kräftezehrend war, war ich danach umso glücklicher. Auch wenn es viele Tränen kostete, um an diesen Punkt zu gelangen, auch wenn sie niemals positiver Natur waren. Es ist aber nicht so, dass du mir das Schreiben gelehrt hast, nein, denn ich tat es schon immer. Aber du hast mir endlich den richtigen Ausdruck meiner Seele aufgezeigt. Durch dich habe ich Welten kennen gelernt, die ohne dich verborgen geblieben wären. Ich habe soviel gelernt dadurch und es erfüllt mich etwas mit Stolz eigentlich ein kleines Wunder erschaffen zu haben. Ich glaube, durch das Gefühl von Vertrautheit wurde das überhaupt erst möglich. Sag, wem vertraut man mehr, als nicht sich selbst? Denn du hast aus mir gesprochen, als wärest du ich. Bei dir wusste ich hat jedes Wort, sogar jede Interpunktion, den richtigen Empfänger. Wie eine kleine Heimat, denn du hattest die Buchstaben zu nehmen, wie ich es wollte, wenn ich sie dir gab. Das war nur möglich, weil du die Worte bereits kanntest. Glaub mir, nur die erste Interpretation, die dir in den Sinn kam bei meinen Worten, war jemals einzig und allein die richtige, jede weitere zweite, dritte war nicht mehr pur, wie es das Herz erfährt bei der ersten Berührung.

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